Trotula-Weblog

Digitaler Eltern-Kind Pass

Zehn Millionen Euro wurden von der EU bereitgestellt, um in Österreich den Elektronischen Eltern-Kind Pass zu implementieren, das Ziel ist die Nutzung dieses Instrumentariums bis 2026 durch 90% aller Ärzte. Insgesamt kostet Österreich diese Einführung über 37 Millionen Euro.

Von der EU wird die Digitalisierung mit Macht vorangetrieben — 275 Milliarden Euro wurden für die Finanzierung am Kapitalmarkt aufgenommen. Dies ist das erste Mal, dass die EU in unser aller Namen Kredite für laufende Ausgaben aufnimmt und die Bürger aller Mitgliedstaaten zu Schuldnern gemacht hat.

Mit dem Argument „gestärkt aus der Coronakrise“ hervorzugehen soll ein massiver Breitbandausbau das Gesundheitssystem kontrollierbar, manipulierbar und überwachbar machen.

Ich frage mich: Wer braucht das? Wem nützt das? Welche Vorteile haben die EinwohnerInnen der EU Länder dadurch? Welche Belastungen kommen dadurch auf uns zu — finanziell, menschlich und umwelttechnisch? Schließlich sind alle digitalen Tools stromabhängig und die Stromproduktion belastet und zerstört unsere Landschaft.

Am Beispiel des bereits beschlossenen elektronischen Eltern-Kind Passes mit erweitertem Leistungsportfolio bis zum 18. Lebensjahr möchte ich einige Aspekte aufzählen, die mir wichtig sind:

1. der Beschluss wurde innerhalb kürzester Zeit mit den Stimmen von ÖVP und Grünen abgesegnet

2. Auf den Widerstand von betroffenen Organisationen wie Hebammen und Frauengesundheitszentren, sofern dieser sich überhaupt aufgrund der Kürze der Einspruchsfrist formieren konnte, wurde arroganterweise überhaupt nicht eingegangen

3. der Datenschutz wird mit Füssen getreten — die Daten sind dem Gesundheitsminister, der Sozialversicherung und sämtlichen Datentechnikern zugänglich — bisher ist der Mutter-Kind Pass ein sehr persönliches Dokument, das die Mutter bekommt und von ihrer Ärztin/Arzt ausgefüllt wird.

4. Die Umbenennung von Mutter-Kind Pass in Eltern-Kind Pass ist problematisch — nicht immer möchte die Schwangere den Vater angeben — welcher Sinn steckt hinter dieser Änderung?

5. die elektronische Form ist gebunden an ein elektronisches Gerät, um die Informationen abzurufen — mit all den Problemen die damit verbunden sein können

6. die übergriffige Umgangsweise gegenüber allen Schwangeren, der Zwang, die eigenen intimen Daten nun nicht nur im durch ärztliche Schweigepflicht geschützten Raum, sondern einem „virtuellen Beobachter“ preiszugeben, ist absolut ablehnenswert.

7. last but not least zwingt es WahlärztInnen in die elektronische medizinische Datenverarbeitungswelt einzusteigen und somit den letzten wirklich anonymen Vertrauensort aufgeben zu müssen


Da ich meine Praxis bereits seit dem Jahr 1990 führe und beschlossen habe, meine Karteien in Papierform zu belassen, sehe ich nun mit Erstauenen, welches Privileg dadurch meine Patientinnen vorfinden — eine tatsächlich überwachungsfreie medizinische Versorgung, wo die Interaktion ausschließlich zwischen ihnen und mir stattfindet — wer hätte gedacht, dass dies einmal überhaupt erwähnenswert wird!?

Judith Binder am Mo., 22. Juli 2024